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Ein ATLAS der spätantiken Städte Südspaniens und Nordafrikas!

Die Agence nationale de la recherche (ANR) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) haben im Rahmen ihres deutsch-französischen Förderprogrammes in den Geistes- und Sozialwissenschaften das Projekt ATLAS bewilligt – “Atlas der spätantiken Städte im Süden der Iberischen Halbinsel und in Nordafrika (3.-8. Jh.)”.

Unser Bild der Städte Spaniens und Nordafrikas ist durch die Forschungen der letzten drei Jahrzehnte grundlegend modifiziert worden: Aus der Perspektive der Altertumswissenschaften ist die Stärke und Bedeutung der Städte als Herrschaftsträger zwischen 300 und 800 ungebrochen. Nicht Niedergang, sondern Transformation charakterisiert ihre Urbanistik, nicht Wandel, sondern Kontinuität die Funktionen, die ihre sozialen Eliten wahrnehmen.
Diese communis opinio stützt sich auf eine erstaunlich schmale Materialbasis. Das Ziel des Projektes ist es daher, einen Atlas zu erstellen (WebGIS in Open Access), der ausgewählte Städte in den vormaligen Provinzen Baetica und der Africa Proconsularis verzeichnet; zwei wirtschaftlich prosperierenden Landschaften, die aufgrund ihres hohen Grades an Urbanität als paradigmatisch in Fragen der Städteforschung gelten können. Der Atlas erfasst erstmals die Überlieferung in Gänze, welche für die Erarbeitung spätantiker Stadtgeschichten im Rahmen von „Mikroregionen“ notwendig ist: neben materiellen Überresten epigraphische Monumente und das gesamte Spektrum literarischer Evidenz. Die Zusammenstellung und Analyse der Überlieferung soll Grundlage für ein neues Narrativ der Spätantike sein, das die Visualisierung historischer Entwicklungen in Form von thematischen Karten ergänzt.
ATLAS leistet also einen Beitrag zur Städteforschung und mithin zur Sozialgeschichte der Macht im Kontext des entwicklungsoffenen und dynamischen Forschungsfeldes zwischen Spätantike und Frühmittalter. Um diesen auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, erfährt das Projekt zudem eine Virtualisierung, die individuelle Erfahrungen von städtischen Lebenswelten im Rahmen einer Wanderausstellung (La Rochelle, Hamburg, Madrid, Córdoba, Tunis) ermöglicht.

Antragsteller sind Prof. Dr. Laurent Brassous, Maître de conférences für Alte Geschichte an der Université de La Rochelle und Prof. Dr. Sabine Panzram, Professorin für Alte Geschichte an der Universität Hamburg. Die Laufzeit des Forschungsprojektes beträgt drei Jahre, die Fördersumme 650.000€. ATLAS, das mit der Casa de Velázquez Madrid (EHEHI) zusammenarbeitet, besteht aus rund zwanzig Wissenschaftler*innen aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Tunesien und nimmt am 1. April 2021 seine Arbeit auf.