Wer sind eigentlich die jungen Nachwuchswissenschaftler, die an der deutsch-spanischen Fieldschool teilnehmen? Womit beschäftigen sie sich? Was bewegt sie?
Die deutsche Teilnehmerin Jasmin Hettinger (29) von der Universität Duisburg-Essen steht Jasmin Rashid in einem Interview Rede und Antwort.
JR: Was studierst du bzw. woran arbeitest du aktuell?
JH: Ich habe Altertumswissenschaften und Geschichte an den Universitäten Konstanz, Dresden und Salamanca studiert und bin jetzt wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen. Gleichzeitig promoviere ich am dortigen Graduiertenkolleg „Kontingenzbewältigung durch Zukunftshandeln. Vorsorge, Voraussicht, Vorhersage“. Mein Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit den verschiedenen Praktiken der Hochwasservorsorge im Westen des Römischen Reiches. Darin möchte ich mich auf wenige Flusssysteme auf der Italischen und der Iberischen Halbinsel konzentrieren und die dafür überlieferten Quellen eingehend analysieren. Die Iberische Halbinsel ist dazu besonders geeignet, weil sie zu den ältesten Besitzungen des Römischen Reiches gehört – und sich dort zudem aktuell gerade von archäologischer Seite her sehr viel tut. Außerdem ist beispielsweise das Ebrogebiet reich an epigraphischem Material, das für meine Arbeit relevant ist.
JR: Wann hast du deine Liebe zu den Altertumswissenschaften entdeckt?
JH: Im Grunde genommen schon als Kind, als ich im Garten meiner Großeltern erste archäologische Ausgrabungen unternommen habe. Mit Zeichnung, Dokumentation und allem drum und dran… Vollends bin ich dann durch mein Bachelorstudium der „Kulturwissenschaft der Antike“ in Konstanz für die Thematik entbrannt. Je mehr Vorkenntnisse man mitbringt, desto interessanter wird’s eben!
JR: Wie bist du zu Toletum gekommen bzw. wie zur Fieldschool?
JH: Nach meinem ERASMUS-Jahr an der Universität von Salamanca wollte ich unbedingt mehr über die antike Vergangenheit meines Gastlandes erfahren. Schon während des Studiums dort bin ich regelmäßig übers Wochenende zu verschiedenen Ausgrabungsstätten gefahren, um sie mir anzusehen. Außerdem habe ich zum Abschluss meines Aufenthalts ein Grabungsstipendium von der Universität von Zaragoza bekommen, um mit nach Bilbilis (Calatayud) zu fahren, wo ich erste eigene Grabungserfahrungen gemacht habe. Da das republikanische Bilbilis, die sogenannte Bilbilis indigena (Valdeherrera), während des Krieges gegen den Sullagegner Sertorius im 1. Jh. v. Chr. zerstört wurde, bin ich auf die Idee gekommen, meine Masterarbeit über den Sertoriuskrieg zu schreiben. Darüber habe ich bei Toletum dann meinen allerersten fachwissenschaftlichen Vortrag gehalten.
JR: Was war für dich das Highlight der Fieldschool-Woche?
JH: Das ist schwierig zu entscheiden, weil es sehr viele schöne Momente gab. Das Highlight ist daher für mich eigentlich, überhaupt dabei gewesen zu sein – und mich nun als Teil einer kleinen aber stetig wachsenden Gruppe von internationalen Nachwuchsforschern mit Schwerpunkt auf Hispanien zu fühlen. Jedenfalls konnte ich während der Woche sehr viele Kontakte zu Studenten, Doktoranden und Professoren knüpfen, die alle – ebenso wie ich selbst – an der Erforschung der antiken Geschichte der Iberischen Halbinsel interessiert sind. Und deren Arbeiten sich wunderbar ergänzen. Ich hoffe daher auch für die Zukunft auf eine gute Zusammenarbeit und freue mich jetzt schon riesig auf den zweiten Teil der Fieldschool im Juni bei Herrn Trunk in Trier.
JR: Was möchtest du werden, wenn du akademisch groß bist? Wovon träumst du?
JH: Es ist von Anfang an mein Traum gewesen, in einem archäologischen oder stadtgeschichtlichen Museum Ausstellungen wissenschaftlich zu erarbeiten und zu betreuen sowie regelmäßig an Forschungsprojekten mitzuwirken und die Ergebnisse fach-, aber auch populärwissenschaftlich aufzuarbeiten und zu präsentieren. Ich halte die Transparenz der Forschungstätigkeit und den Austausch zwischen Fachwissenschaft und Öffentlichkeit für äußerst wichtig. Für beide Seiten! Jeder sollte an unseren alltäglichen Forschungsarbeiten teilhaben und für sich selbst etwas daraus mitnehmen können. Für mich gibt es keinen Elfenbeinturm. Wenn diese Form der wissenschaftlichen Arbeit zudem noch über nationale Grenzen hinausgeht, bin ich vollkommen glücklich! Forschung lebt von grenzenlosem Austausch, im wahrsten Sinne des Wortes.